Fotografische Aufnahmen als Beweismittel für vertragswidriges Verhalten von Mietern (hier: Erregung öffentlichen Ärgernisses

Amtsgericht Bonn, Urteil vom 17.05.2006, 8 C 209/05

Fotografische Aufnahmen als Beweismittel für vertragswidriges Verhalten von Mietern (hier: Erregung öffentlichen Ärgernisses

Die klagende Mieterin erhielt von der beklagten Vermieterin eine mietrechtliche Abmahnung. Darin hieß es, daß Zeugen beobachtet und dokmentiert hätten, wie die Klägerin im Beisein eines männlichen Besuchers ihren sexuellen Bedürfnissen nachging. Die Beklagte sehe in der Handlung eine erhebliche Beeinträchtigung der anderen Mieter, dies unabhängig davon, dass sich in unmittelbarer Nähe zwei Kinderspielplätze befänden. Auch wäre das Geschehen unter dem Gesichtspunkt der Erregung öffentlichen Ärgernisses zu prüfen.

Mieter des Hauses hatten von dem oben beschriebenen Ereignis vier Lichtbilder gefertigt und im Laufe des Verfahrens zur Gerichtsakte gereicht.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

1. festzustellen, dass die Abmahnung der Beklagten vom 31. August 2004 unwirksam ist.
2. Auskunft darüber zu erteilen, welche Art und welche Menge von Lichtbildern oder Filmaufnahmen mit Abbildung der Klägerin und Herrn O T, der Beklagten vorliegen, die am 20. August 2004 während des Aufenthaltes der Klägerin und des Herrn T auf der Terrasse der Wohnung C Mweg ##, 5##### C gefertigt wurden.
3. die dem Gericht vorliegenden Lichtbilder oder Filmaufnahmen gemäß der erteilten Auskunft an die Klägerin herauszugeben.
4. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wer die unter Ziff. 2) bezeichneten Lichtbilder bzw. Filmaufnahmen der Beklagten zur Kenntnis gebracht hat.

Der Antrag zu 2) wurde später in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Den Klageantrag zu 4) hat das Amtsgericht Bonn zurückgewiesen. Insoweit wurde Berufung eingelegt und das Landgericht Bonn hat der Klage hinsichtlich Ziff. 4) stattgegeben.

Hinsichtlich der noch zu entscheidenden Anträge zu 1. und 3. hat das Gericht die Klage zum Antrag zu 1. abgewiesen, hinsichtlich des Antrages zu 3. hat es der Klage stattgegeben.

Der Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Bilder war begründet, so daß der Klage stattzugeben war.

Den Antrag zu 1. hielt das Gericht jedoch für unbegründet. Die Beklagte habe die Klägerin zu Recht abgemahnt. Die vernommenen Zeugen hätten übereinstimmend in sich stimmig und widerspruchsfrei ausgesagt, daß und in welcher Art es an dem fraglichen Tag zu sexuellen Handlungen zwischen der Klägerin und ihrem Besucher gekommen sei. Die Zeugen hätten sich insbesondere darüber aufgeregt, dass sich in unmittelbarer Nähe zwei Kinderspielplätze befinden und vor diesem Hintergrund sexuelle Handlungen in einem frei einsehbaren Garten nicht hinnehmbar seien.

Der Beweisaufnahme hätten keine Beweisverwertungsverbote entgegen gestanden. Ein Beweisverwertungsverbot aufgrund der gefertigten Lichtbilder liege nicht vor. Bei der Zeugenvernehmung habe es sich nicht um die Umgehung eines nicht zu verwertenden Beweismittels, sondern um ein eigenständiges, selbständiges Beweismittel gehandelt. Die Zeugen hätten nicht lediglich den Zustand auf den Bildern wiedergegeben, sondern bekundet, was sie mit eigenen Augen gesehen haben. Die gefertigten Lichtbilder seien vom Gericht nicht berücksichtigt worden, da nach Auffassung des Landgerichtes Bonn diese Anfertigung der Bilder wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin rechtswidrig gewesen sein soll. Allein die Schilderung der Zeugen im Prozess habe zur Überzeugungsbildung des Gerichtes beigetragen.

Hinsichtlich der Abmahnung könne sich die Klägerin allerdings nicht auf die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechtes berufen. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin stehe das allgemeine Persönlichkeitsrecht ihrer Mitbürger gegenüber. Grundrechte fänden dort ihre Schranken, wo Rechte Dritter verletzt werden. Die vorgenommenen sexuellen Handlungen auf einem einsehbaren Terrassengelände seien durchaus geeignet gewesen, ein öffentliches Ärgernis zu erregen. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich in unmittelbarer Nähe zu dem Grundstück der Klägerin zwei Kinderspielplätze befunden hätten. Zudem verlaufe an dem Terrassengrundstück ein Fußweg. Auch wenn die Klägerin und ihr Besucher tatsächlich nicht von unbeteiligten Dritten wahrgenommen worden sei, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Immerhin sei der streitgegenständliche Vorfall von den Mietmietern und deren Besuch – unabhängig voneinander – wahrgenommen worden. Die Klägerin habe die sexuellen Handlungen in einem sowohl für Dritte außerhalb des Mietobjekts als auch für die Mieter oberhalb ohne größere Anstrengung einsehbaren Bereichs vorgenommen. Wenn die Klägerin sich derart freizügig präsentiere, könne sie nicht damit rechnen, dass die Mitmieter dies akzeptieren und unbeteiligt bleiben. Denn im Rahmen eines Mietverhältnisses und zur Wahrung des Hausfriedens gehöre die gegenseitige Rücksichtnahme. Diese habe die Klägerin hier durch ihr freizügiges Verhalten auf der einsehbaren Terrasse nicht eingehalten, so dass sie sich ihrerseits auch nicht darauf berufen könne, dass die Mieter ihr gegenüber Toleranz zu wahren und dies hinzunehmen hätten. Die Mieter seien durchaus auch berechtigt gewesen, diesen Vorfall der Hausverwaltung zu melden und hierüber als Zeugen vor Gericht auszusagen. Das Persönlichkeitsrecht der Klägerin seihierdurch nicht verletzt, da sie sich selbst aus diesem geschützten Bereich herausbegeben habe.


sk

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